Controlling

Den Überblick bewahren über den Flickenteppich „Finanzierung in der stationären Altenhilfe“

In den letzten Jahren ist die Zahl an verschiedenen Finanzierungsquellen für das Personal in der stationären Altenhilfe auf eine beinahe zweistellige Zahl angewachsen. Sie im Blick zu behalten und deren Potenziale für die eigenen Organisation nutzbar zu machen – Kernanforderungen an ein zeitgemäßes Controllingsystem in stationären Pflegeeinrichtungen….

Im September 2022 wird die Tariftreuepflicht „scharf geschalten“. Ab diesem Zeitpunkt sollen nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen werden, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte auf Tarifniveau bezahlen. Für jene nicht tarifgebundenen Leistungserbringer, deren Gehaltsstruktur diesen Anforderungen bisher nicht entspricht, bedeutet dies große Herausforderungen. Zunächst bei der Umstellung selbst: Festzulegen sind eine adäquate Eingruppierung mit dem damit verbundenen Grundgehalt sowie eine angemessene Vergütung von Zulagen und Zuschlägen.

Die wohl noch größere Aufgabe liegt aber im Bereich der Entgelte und betrifft alle stationären Pflegeeinrichtungen gleichermaßen. Hier ist die Refinanzierung des Pflegebetriebs in der jüngeren Vergangenheit immer komplexer geworden. In der stationären Altenhilfe findet sich je nach Bundesland mittlerweile eine beinahe zweistellige Zahl an verschiedenen Quellen, aus denen das eingesetzte Personal refinanziert werden kann. Nur wenn diese systematisch angezapft und im Controllingsystem abgebildet werden, können die gebotenen Handlungsspielräume auch langfristig für die eigene Organisation in Wert gesetzt werden.

Finanzierungsquellen für Personal in der stationären Altenhilfe

  1. Der Pflegesatz, aus dem das Pflegepersonal und – zumindest anteilig – auch das Personal in den Bereichen Hauswirtschaft, Haustechnik und Leitung/Verwaltung finanziert wird. (§ 82 SGB XI)
  2. Das Entgelt für Unterkunft & Verpflegung, das zur Deckung des übrigen Anteils der Personalkosten in den Bereichen Hauswirtschaft, Haustechnik und Leitung/Verwaltung zur Verfügung steht. (§ 82 SGB XI)
  3. Der Vergütungszuschlag nach § 43b SGB XI, der der Finanzierung von Personal für die zusätzliche Betreuung und Aktivierung der Pflegebedürftigen dient.
  4. Die Vergütungszuschläge nach § 8 Abs. 6 SGB XI, die im Zuge des Pflegepersonalstärkungsgesetzes (PpSG) im Jahr 2019 eingeführt wurden und zur Refinanzierung zusätzlicher Fachkräfte (die sog. „Spahn-Stellen“) bereitstehen.
    (Zusatz-Info: im Zuge der jüngsten Pflegereform – Gesundheits­versorgungs­weiterent­wicklungs­gesetz, kurz: GVWG – wurde festgelegt, dass dieser Vergütungszuschlag nur noch bis 1. Juli 2023 beantragt werden kann. Perspektivisch werden die Zuschläge dann nicht mehr als separater Finanzierungsbestandteil geführt, sondern in die Pflegesätze und LQMs überführt.)
  5. Ebenfalls vollständig von den Pflegekassen finanziert werden seit 2021 gemäß § 84 Abs. 9 SGB XI zusätzliche Pflegehilfskräfte (sog. GPVG-Kräfte – in Anlehnung an das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz). Ausgangspunkt für diese zusätzlichen Mittel waren zentrale Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt von Prof. Rothgang (Universität Bremen) zur Bemessung des Personalbedarfs in vollstationären Pflegeeinrichtungen. Auch für diese Hilfskraftstellen greifen die unter Punkt 4 genannten Fristen aus dem GVWG.
  6. Die Erbringung individuell zugeschnittener Beratungsangebote für die medizinisch-pflegerische Vorsorgeplanung für die letzte Lebensphase kann bereits seit 2018 über eigens dafür vorgehaltenes Personal mit entsprechender Qualifikation realisiert werden. Auch hierfür gibt es eine eigene (Vergütungs-)Vereinbarung nach §132g SGB V.
  7. In den einzelnen Bundesländern individuell geregelt ist der Bereich der Ausbildungsfinanzierung. In Bayern bspw. gilt derzeit ein zweigliedriges System:
    a) angehende Pflegehilfskräfte mit einjähriger Ausbildung werden entweder auf den allgemeinen Pflegepersonalschlüssel und damit auf den Pflegesatz (Punkt 1) angerechnet oder über einen Ausbildungszuschlag (gem. § 82a SGB XI) refinanziert, der wiederum separat mit den Pflegekassen zu verhandeln ist.

    b) angehende Pflegefachkräfte in dreijähriger Ausbildung im gemäß Pflegeberufegesetz mittlerweile generalistischen System werden über den Pflegeausbildungsfonds refinanziert. Dahinter verbirgt sich ein landesweiter Ausgleichsfonds, in den alle Krankenhäuser, ambulante wie stationäre Pflegeeinrichtungen Einzahlungen zu leisten haben, die über ein Umlageverfahren dann an Berufsfachschulen und ausbildende Einrichtungen wieder ausgezahlt werden.
  8. In manchen Bundesländern, wie bspw. Bayern, finden sich darüber hinaus ergänzende Finanzierungstöpfe, bspw. der sog. Pflegegradunabhängige Betrag für sonstige Dienste/Pflege und Betreuung, der es Einrichtungsträgern seit 2014 ermöglicht, zusätzliche Kräfte einzusetzen, wenn der aktuelle Pflegepersonalschlüssel vollumfänglich ausgeschöpft ist.

Ableitungen für das Controlling und für Entgeltverhandlungen

Insbesondere die Vergütungszuschläge bieten – bei entsprechend verfügbaren Personalressourcen – Spielraum für „Investitionen“ in die Dienstleistungsqualität in stationären Pflegeeinrichtungen. Alle genannten Finanzierungstöpfe haben aber ihre eigenen Spezifika und fordern gesondert Aufmerksamkeit in der Steuerung. Bei einem unterkomplexen Controlling geraten folgende Aspekte leicht aus dem Blick:

  • Werden die jeweils vereinbarten Personalschlüssel eingehalten? Sind, insbesondere bei Erstanträgen und bei Personalwechseln, die Bedingungen hinsichtlich geforderter Qualifikationen erfüllt? Beides ist regelmäßig Gegenstand bei Prüfungen seitens der Heimaufsicht und sollte daher jederzeit gewährleistet und in einem belastbaren Personalcontrolling abgebildet sein.
  • Bietet die breite Palette an Finanzierungsquellen bisher noch ungenutztes Potenzial, um eventuelle Personalüberhänge im Entgelt abzubilden?

Darüber hinaus lassen kontinuierliche SOLL-IST-Abgleiche hinsichtlich der Personalkosten für jeden einzelnen Finanzierungstopf Handlungsbedarfe erkennen. Nicht nur bei umfangreichen und strukturellen Anpassungen, wie z. B. der Anlehnung der hauseigenen Gehaltsstruktur an ein anwendbares Tarifwerk, liefern diese Abgleiche zuverlässige Signale, wann neue Vereinbarungen mit den zuständigen Sozialleistungsträgern zu schließen sind, um die prospektiven Kosten ertragsseitig abzufedern.

Wir helfen Ihnen dabei, den Überblick über den „Flickenteppich“ der Finanzierung stationärer Pflegeeinrichtungen zu behalten, unterstützen bei der Weiterentwicklung Ihres Controllingsystems (Personal und Finanzen), um Sie in die Lage zu versetzen, die aufgeworfenen Fragen für sich beantworten zu können und begleiten Sie auf dem Weg zu neuen Entgelten.

Sprechen Sie uns gerne an.