Agilität in der Sozialwirtschaft: Tradition bewahren, Zukunft gestalten 

„Was die da oben wieder entschieden haben …“ – ein Satz, den viele Führungskräfte in der Sozialwirtschaft nicht mehr hören möchten. Er spiegelt nicht nur Frustration wider, sondern auch die Distanz zwischen Entscheidungsträger*innen und Mitarbeitenden. In einer Branche, die durch lange Traditionen und oft  hierarchische Führung geprägt ist, stellt sich die Frage:

 Warum ist Agilität überhaupt ein Thema in der Sozialwirtschaft? 

Die Sozialwirtschaft steht vor vielfältigen Herausforderungen: 

  • Veränderungen durch gesetzliche Rahmenbedingungen:  Neue gesetzliche Rahmenbedingungen erfordern Anpassungen in Organisation und Arbeitsweisen. 
  • VUCA- und BANI-Welt: Die zunehmende  Volatilität,  Unsicherheit,  Komplexität  und  Ambiguität sowie die  Brüchigkeit,  Ängstlichkeit,  Nichtlinearität  und  Unverständlichkeit unserer Zeit verlangen flexible Reaktionen. 
  • Fachkräftemangel:  Der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeitende erfordert attraktive Arbeitsbedingungen und moderne Führungsansätze. 
  • Veränderte Bedürfnisse der Mitarbeitenden:  Neue Generationen von Mitarbeitenden erwarten mehr Partizipation, Autonomie und Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit. 
  • Umweltkomplexität und Dynamik:  Schnelllebige Entwicklungen erfordern schnelle und effektive Entscheidungen. 
  • Performanz- und Überlastungsprobleme:  Steigende Anforderungen führen zu Überlastung, wenn Strukturen nicht angepasst werden. 

Warum Agilität? 

Agilität bedeutet nicht, Bewährtes über Bord zu werfen. Vielmehr geht es darum,  eine Balance zwischen dem Erhalt und der Optimierung bestehender Strukturen (Exploit-Modus) und der Verfolgung von Innovationen (Explore-Modus) zu finden. 

Dieses  Nebeneinander von Stabilität und Wandel ermöglicht es Organisationen, sowohl das Tagesgeschäft aufrechtzuerhalten als auch zukunftsorientiert zu agieren. 

Wie gelingt der Weg zur Agilität? 

  1. Sicherheit geben 
    In Zeiten von Veränderung suchen Mitarbeitende Orientierung. Führungskräfte sollten klare Rahmenbedingungen schaffen und transparent kommunizieren, welche Veränderungen geplant sind und warum. Vertrauen ist die Grundlage für jede Transformation. 
  1. Schrittweiser Prozess statt radikaler Umbruch 
    Agilität ist kein Ziel, sondern ein Weg. Statt alles auf einmal umzustellen, sollten kleine Pilotprojekte gestartet werden, um agile Methoden und Tools in einem geschützten Raum zu erproben. 
  1. Balance zwischen Bewährtem und Neuem 
    Organisationen müssen sich bewusst sein, dass Innovation nicht bedeutet, alles Alte über Bord zu werfen. Vielmehr geht es darum, Bewährtes zu optimieren, während gleichzeitig Raum für Neues geschaffen wird. 
  1. Partizipation und Mitgestaltung 
    Die Mitarbeitenden sind der Schlüssel zur erfolgreichen Transformation. Indem sie von Anfang an in den Prozess eingebunden werden, entsteht Akzeptanz und eine gemeinsame Verantwortung für die Veränderung. 
  1. Führungskraft als Coach 
    Führungskräfte sollten weniger kontrollieren und mehr begleiten. Ihr Fokus sollte darauf liegen, Teams zu stärken, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und die Selbstorganisation zu fördern. 

Agilität bedeutet nicht, starre Regeln zu übernehmen, sondern vielmehr, flexibel auf die Bedürfnisse einer Organisation einzugehen.

Agile Tools und Methoden können wie ein Baukastensystem genutzt werden, das Organisationen die Freiheit gibt, die passenden Elemente auszuwählen und anzupassen. Statt auf eine „one-size-fits-all“-Lösung zu setzen, geht es darum, ein maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die Tradition und Anforderungen der neuen Arbeitswelt in Einklang bringt.  

Der Satz „Was die da oben wieder entschieden haben …“ könnte eines Tages durch ein anderes Narrativ ersetzt werden: „Wir haben gemeinsam entschieden, wie wir die Zukunft gestalten.“ 

Denn Agilität ist kein Selbstzweck – sie ist ein Weg, um die Sozialwirtschaft fit für die Herausforderungen unserer Zeit zu machen. Dieser Prozess braucht Zeit, Mut und vor allem Menschen, die bereit sind, diesen Weg gemeinsam zu gestalten.