Hat der Koalitionsvertrag die Belange von Menschen mit Behinderung im Blick?
Die Koalition bekennt sich zu dem Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung, wie es in der UN-Konvention verankert ist. Allerdings nehmen die Ausführungen zu den Belangen von Menschen mit Behinderung im Vergleich zu anderen sozial- und gesundheitspolitischen Themen nur wenig Raum ein.
Inhaltliche Schwerpunkte bilden die
- Verbesserung der Barrierefreiheit in ganzheitlichem Sinne
- Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine verstärkte Tätigkeit von Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
- Verbesserung der Teilhabechancen von Menschen mit komplexen Behinderungen
- Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen bei der Entwicklung von KI-Systemen und beim Erwerb digitaler Kompetenzen
- Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
- Klärung des Verhältnisses von Eingliederungshilfe und Pflege
- Weiterentwicklung und Finanzierung von EUTB
Die Formulierungen im Koalitionsvertrag sind sehr allgemein gehalten, enthalten keine konkreten Zielgrößen (Art, Umfang, Intensität der Maßnahmen) oder zeitlichen Fristen. Ein Umsetzungscontrolling ist so kaum möglich.
Was planen die Koalitionäre für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt?
Differenziertere Aussagen finden sich zur „Teilhabe an Arbeit“. Demnach sollen prioritär Anstrengungen unternommen werden, mehr Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Hier soll u.a. der Berufsbildungsbereich (BBB) stärker auf den Arbeitsmarkt ausgerichtet werden. Damit wird die bereits diskutierte Abkopplung des BBB in Bezug auf Organisation und Trägerschaft von den Werkstätten für behinderte Menschen aufgegriffen. Damit sollen Automatismen bei den Übergängen an der Schnittstelle BBB und Arbeitsbereich durchbrochen und eine stärkere Fokussierung auf eine Integration der Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt betrieben werden. Dies wird sich nachhaltig auf das System WfbM auswirken. Effekte sind dabei nicht nur im Hinblick auf die Fallzahlen zu erwarten, auch die Dienstleistungsbeziehung zwischen den System BBB und Arbeitsbereich wird sich verändern (z. B. Organisation von Praktika, Organisation von Bildungsprozessen im Arbeitsbereich). Dieser Prozess muss vorausschauend gestaltet und begleitet werden. Darüber hinaus besteht lt. Koalitionsvertrag die Absicht („wir wollen“ bedeutet: es ist noch nicht klar, ob das Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden kann), die Werkstätten zu erhalten und zu reformieren sowie das Werkstattentgelt zu verbessern.
Wie soll das Bundesteilhabegesetz gestaltet werden?
In Bezug auf das Bundesteilhabegesetz (BTHG) soll in Kooperation mit den Ländern und Kommunen prioritär eine erneute Auseinandersetzung mit dessen Umsetzung und Ausgestaltung stattfinden. Hier haben verschiedene Untersuchungen zur Umsetzung des BTHG gezeigt, dass der Implementationsprozess in einigen Bundesländern mindestens ins Stocken geraten ist, in anderen ist er sogar entgleist. Auch sieben Jahre nach Inkrafttreten der 2. Reformstufe ist das Gesetzt noch nicht vollumfänglich und flächendeckend umgesetzt, die fachlich-konzeptionellen Intentionen (Paradigmenwechsel) erst in Ansätzen realisiert. Vor diesem Hintergrund ist ein erneuter Diskurs zu diesem Themenkomplex zu begrüßen.
In Bezug auf die Finanzierung der Leistungen der Eingliederungshilfe wird im Koalitionsvertrag die Prüfung einer Pauschalierung avisiert. Unbeantwortet bleibt dabei die Frage, inwieweit eine Pauschalfinanzierung mit einer differenzierten, individuellen/personenzentrierten Bedarfserhebung und sozialraumorientierten Teilhabeplanung kompatibel ist.
Ihre Herausforderungen. Unsere Mission.
Ein zukunftsfähiges System der Eingliederungshilfe muss Antworten auf neue Herausforderungen bieten, wie z. B. die Zunahme von Menschen mit komplexen Problemlagen und gleichzeitig hohem Pflegebedarf in besonderen Wohnformen oder die Neuausrichtung der Werkstätten. Hier braucht es tragfähige Konzepte. Die politische Ankündigung, hier Verbesserungen zu erzielen, ist ein wichtiger Schritt – bleibt jedoch bislang in der konkreten Ausgestaltung offen.
Organisationen der Eingliederungshilfe stehen nun vor der Aufgabe, diese Entwicklung aktiv mitzugestalten. Dafür sind Strategien im Hinblick auf die fachliche und die strukturelle Weiterentwicklung erforderlich. Eine präzise Analyse der Rahmenbedingungen sowie der Spezifika der Finanzierungsmodelle sind zentrale Erfolgsfaktoren, um passgenaue Lösungen zu entwickeln.
Die xit GmbH bringt in diesem Prozess langjährige Erfahrung und fundiertes Know-how mit – insbesondere in der Beratung zu Finanzierungsfragen, in der Vorbereitung und Begleitung von Entgeltverhandlungen sowie in der organisatorischen und konzeptionellen Weiterentwicklung im Kontext des BTHG.
Haben Sie Fragen? Dann wenden Sie sich an Stefan Löwenhaupt oder an Katharina Packmohr.