Wie adressiert der Koalitionsvertrag die Probleme der Pflegebranche?

Die Pflegebranche befindet sich in einem tiefgreifenden Spannungsfeld, das sowohl personelle als auch finanzielle Dimensionen umfasst. Der zunehmende Fachkräftemangel bringt viele Einrichtungen an ihre Belastungsgrenze. Pflegekräfte arbeiten unter hohem Druck, was nicht nur zu Erschöpfung und einer steigenden Zahl an Burnout-Fällen führt, sondern auch die Attraktivität des Berufs insgesamt mindert. Darunter leidet letztlich auch das Wohlbefinden der Bewohner*innen. Diese Entwicklungen werden durch den demografischen Wandel zusätzlich verschärft: Mit dem bevorstehenden Renteneintritt der Babyboomer-Generation droht ein weiterer Rückgang verfügbarer Arbeits-/Fachkräfte – bei gleichzeitig steigendem Pflegebedarf.

Parallel dazu geraten viele Pflegeeinrichtungen wirtschaftlich zunehmend ins Wanken. Die stetig steigenden Eigenanteile stellen für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen eine erhebliche Belastung dar. Gleichzeitig wird es für Einrichtungen immer schwieriger, wirtschaftlich rentabel zu arbeiten – nicht zuletzt deshalb, weil Arbeitskräfte fehlen. Die wachsende Zahl an Insolvenzen und Schließungen verdeutlicht, wie angespannt die Lage ist.  Zusätzlich sorgt die unklare Umsetzung der neuen Personalbemessung für Verunsicherung in der Branche.

Mit Maßnahmen wie dem Tariftreuegesetz und der Personalbemessung wurden zwar Schritte unternommen, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern. Doch diese Reformen haben auch unbeabsichtigte Nebenwirkungen: Die Einhaltung tariflicher Löhne führte in vielen Fällen zu einer Reduktion der Deckungsbeiträge, was die wirtschaftliche Stabilität der Einrichtungen belastet. Zudem sorgt die Personalbemessung vielerorts für Verunsicherung, da in vielen Bundesländern noch Rahmenverträge fehlen und klare, verbindliche Richtlinien zur Umsetzung bislang ausstehen.

Im Koalitionsvertrag finden sich verschiedene Ansätze, um diesen Herausforderungen zu begegnen:

  1. Bürokratieabbau und Digitalisierung
    Ziel ist es, bürokratische Prozesse spürbar zu vereinfachen – insbesondere durch die verstärkte Digitalisierung zentraler Abläufe, wie etwa bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. In diesem Zusammenhang sollen auch Datenschutzvorschriften sowie die Berichts- und Dokumentationspflichten nach SGB XI kritisch auf ihre Notwendigkeit hin geprüft werden. Ergänzend ist der Einsatz einer KI-gestützten Pflege- und Behandlungsdokumentation sowie eines vereinfachten, digitalen Berichtswesens vorgesehen, um die Pflegekräfte nachhaltig zu entlasten.
  2. Fachkräfteeinwanderung beschleunigen
    Eine zentrale Maßnahme ist die geplante Einrichtung einer digitalen „Work-und-Stay-Agentur“ unter Mitwirkung der Bundesagentur für Arbeit. Diese soll die Prozesse rund um die Erwerbsmigration sowie die Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen beschleunigen und mit den Strukturen der Länder verzahnen. Ziel ist ein einheitliches Anerkennungsverfahren mit einer Bearbeitungsdauer von maximal acht Wochen.
  3. Innovative Versorgungsmodelle und höhere Pflegekompetenz
    Modellprojekte wie das „Stambulant“, sollen in die Regelversorgung überführt werden. Darüber hinaus ist die Stärkung der Pflegekompetenz durch die Einführung der „Advanced Practice Nurse“ (APN) und die bundeseinheitlichen Pflegeassistenzausbildung (PflAssEinfG) vorgesehen.
  4. Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile & Unterstützung pflegender Angehöriger
    Die finanzielle Belastung Pflegebedürftiger soll reduziert werden, indem pflegebedingte Eigenanteile begrenzt werden. Gleichzeitig ist eine stärkere Unterstützung pflegender Angehöriger geplant.

Bietet der Koalitionsvertrag angemessene Antworten auf die Herausforderungen der Pflegebranche?

Aus Sicht vieler Akteur*innen in der Pflegebranche bleibt der Koalitionsvertrag in zentralen Punkten hinter den Erwartungen zurück.

Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), kritisiert insbesondere das Fehlen konkreter Maßnahmen zur Bewältigung des akuten Personalmangels (die seit Jahren stagnierenden Ausbildungszahlen im Vertrag nicht einmal thematisiert) sowie zur Sicherung tragfähiger Angebotsstrukturen. Auch die Präsident*innen des Deutschen Caritasverbandes e.V., Eva Welskop-Deffaa, und der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, mahnen eine „tatkräftige Pflegepolitik‘ an, ‚die von den praktischen Herausforderungen ausgeht und sich von sektoralen Verkrustungen löst.“

Und tatsächlich: Zwar sind die im Koalitionsvertrag  enthaltenen Vorhaben in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung – etwa im Hinblick auf Digitalisierung, Bürokratieabbau sowie die Anerkennung ausländischer Abschlüsse – begrüßenswert. Allerdings bleiben viele dieser Punkte vage formuliert. Es mangelt an konkreten Aussagen zu erforderlichen Maßnahmen. So fehlt beispielsweise eine konkrete Perspektive zur Überführung erfolgreicher Modellprojekte in die Regelversorgung.

Ihre Herausforderungen. Unsere Mission.

Pflegeeinrichtungen können den Herausforderungen der Branche begegnen, indem sie mehr Agilität entwickeln, starre Strukturen auflösen und die Bindung der Mitarbeitenden stärken. Dafür ist es notwendig, die Pflegeorganisation grundlegend neu zu denken und stärker an den Bedürfnissen der Bewohner*innen auszurichten. Dies trägt nicht nur zur Qualität der Versorgung bei, sondern erhöht auch die Sinnhaftigkeit und Attraktivität der Arbeit für das Personal.

Effizientere Prozesse, die Nutzung von Synergien und das Aufbrechen überholter Muster schaffen eine Arbeitsumgebung, die sowohl die Versorgungsqualität als auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigert. Voraussetzung dafür ist eine wertschätzende Unternehmenskultur, die Innovation ermöglicht und Inklusion lebt.

Ein besonderes Potenzial liegt in der Einführung neuer Modelle wie der Personalbemessung. Sie erlaubt eine bedarfsgerechtere Arbeitsorganisation, stärkt pflegerische Kompetenzen und fördert agile Strukturen, die mehr Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ermöglichen.

Für die Umsetzung solcher Veränderungen braucht es ein durchdachtes Konzept, sorgfältige Planung und einen erfahrenen Partner an der Seite.

Mit unserer Expertise begleiten wir Sie zuverlässig auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen, attraktiven und agilen Pflegeorganisation. 

Für weitere Informationen stehen Ihnen unsere Expert*innen, Herr Löwenhaupt und Frau Cebrián, gerne zur Verfügung.