Gute Führungsarbeit in der Zeitenwende – ein Plädoyer für die weitere Professionalisierung von Führung

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen 

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Megatrends bestimmen in prägender Weise die Führungsarbeit in Unternehmen – vollkommen unabhängig, ob es sich um sozialwirtschaftlich gemeinnützige Unternehmen oder konsequent marktwirtschaftlich geprägte Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. Die aktuell stärksten Einflussfaktoren bei den Megatrends sind die Digitalisierung, die Individualisierung, die alternde Gesellschaft und die Prozesse der geopolitischen Neuordnung. Auf der darunter liegenden Ebene bestimmen der Fachkräftemangel, die angespannte Situation der öffentlichen Haushalte sowie das langsame Verschwinden gewohnter Sicherheiten in Bezug auf soziale Sicherung und Zukunftsgestaltung die Haltung der Menschen. Diese genannten Punkte wirken sowohl auf die Unternehmen und ihre jeweiligen Märkte als auch auf die in den Unternehmen agierenden Menschen. 

Besonderheiten in der Sozialwirtschaft 

Von den oben geschilderten Megatrends und Einflussfaktoren wirken in der Sozialwirtschaft insbesondere die Digitalisierung, die Individualisierung, die alternde Gesellschaft, der Fachkräftemangel und die angespannte Situation der öffentlichen Haushalte. Im täglichen Erleben von Führungskräften, Mitarbeitenden und Kunden (Klienten oder Patienten) zeigen sich diese Entwicklungen in nahezu permanenten Überlastungssituation. Diese entstehen durch Zeitknappheit, Personalmangel, gewohnten und hohen Serviceansprüchen sowie durch eine gewisse Orientierungslosigkeit. Letztere hervorgerufen durch immer schnellere gesellschaftliche Veränderungsprozesse. 

Die Bedeutung der Führungsarbeit 

Wenngleich die einzelnen Unternehmen der Sozialwirtschaft sowie deren Verbände und Lobbyorganisationen in vielfältiger Weise aktiv sind, um die Rahmenbedingungen für die soziale Arbeit zu verbessern, sind die Führungskräfte in besonderer Weise gefordert. Positive und die Mitarbeitenden stärkende Führungsarbeit ist vor dem Hintergrund der geschilderten Anforderungen von allergrößter Bedeutung. Dies nicht nur unter dem Gesichtspunkt des menschlichen und werteorientierten Miteinanders – dies war schon immer richtig – sondern zunehmend auch unter ökonomischen Gesichtspunkten.  

„Die Mitarbeitenden, die da sind, sind die besten. Sonst wären sie ja nicht da.“ Diese zugespitzte Aussage macht deutlich, dass potentiell andere gar nicht zur Verfügung stehen und es schon jetzt als Erfolg gelten könnte, wenn alle vorhandenen Stellen besetzt wären. Mit anderen Worten, dass die Personalabteilungen im Rahmen der Recruitingprozesse schon so gefordert sind, dass jeder zusätzlich unnötige Abgang eines Mitarbeitenden und damit die Prozesse und Folgekosten der Wiederbesetzung unbedingt zu vermeiden sind.  Somit ist dem Gesichtspunkt der Mitarbeitendenbindung in der Führungsarbeit eine hohe Priorität einzuräumen. Alle anderen Folgen der positiven Führungsarbeit wie hohe Leistungsbereitschaft, Identifikation und Zuverlässigkeit gelten natürlich auch weiterhin zu Recht als sehr bedeutend. 

Gute Führungsarbeit ist ein Ergebnis der eigenen Haltung (Grundeinstellungen, Werte, z. B. erkennbar in positiven Glaubenssätzen).  

Haltung basiert auf wesentlichen Grundannahmen, die sich auch in den Antworten auf die folgenden Fragestellungen zeigen: Was denke ich über die Welt?  (Unheilerwartung versus konstruktivem Optimismus.) Woran glaube ich? (Glaube an das Gelingen versus Misserfolgsorientierung). Können Menschen sich ständig weiter entwickeln? (Welches Potential haben die Mitarbeiter? Wollen Sie dieses nutzen?) Welchen Sinn haben Fehler und wie gehe ich damit um? (Lob des Fehlers als Impuls für lernende Organisationen versus Fokus auf strikte Fehlervermeidung) 

Eine positive wohlwollende Haltung ist in Bezug auf sich selbst, die Mitarbeitenden, das Unternehmen und die Klienten, Patienten und/oder Kunden von grundsätzlicher Bedeutung. Konstruktiv positive Haltungen sind die Grundlagen gelingender Führungsarbeit. Um Haltungen für Mitarbeitende erkennbar zu machen, sind bestimmte Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale hilfreich und erforderlich. 

Zeichen guter Führungsarbeit  

Die hier aufgezeigten Elemente stellen einen Rahmen dar, der regelmäßig zur Reflexion und Überprüfung des eigenen Handelns dienen kann. 

  • Resultatorientierung: Der wesentliche Grund des gemeinsamen Agierens in einer Organisation besteht darin, Ziele für die Organisation zu erreichen. Resultatorientierung setzt selbstverständlich ein qualifiziertes Maß an Fachlichkeit voraus. 
  • Beitrag zum Ganzen leisten: Das was wir tun und wie wir handeln, leistet einen Beitrag für das Ganze.
  • Konzentration auf Weniges: Niemals ist alles gleich wichtig. Prioritäten setzen und Kräfte bündeln. 
  • Stärken nutzen: Fokus auf eigene Stärken, Stärken des Teams und Stärken jedes einzelnen nutzen.  
  • Vertrauen haben: Vertrauen in das Gelingen und Vertrauen in das Agieren jedes Beteiligten. 
  • Positive und konstruktive Einstellungen: Aus einer negativen und destruktiven Einstellung geht kein stärkender Gedanke hervor. 

Damit sich diese Schwerpunkte gelingender Führungsarbeit entfalten können und wirksam werden, ist die Bereitschaft von Führungspersonal zur Entwicklung der folgenden Bereiche bedeutungsvoll: 

Authentizität (eigenen Werten und Haltungen treu sein, damit ist man glaubwürdig) 

Kommunikation (im Sinne von Paul Watzlawik, man kann nicht nicht kommunizieren…), sich verständlich machen in Bezug auf Ziele, Entscheidungen und Vorgehensweisen. 

Transparenz (alles benennen und zeigen, was für das Gesamtverständnis von Prozessen erforderlich ist und auf welchen Annahmen basieren meine Entscheidungen) 

Delegationsfähigkeit (Effizienz und Wirtschaftlichkeit machen Delegation erforderlich – und sie nutzt allen, wenn Sie auf der Basis von Vertrauen geschieht) 

Selbstreflexion (sich selbst in verschiedenen sozialen Situationen beobachten können) 

Persönlichkeitsentwicklung (ich entwickle mich immer weiter) 

Die folgenden Persönlichkeitsmerkmale sind eine wichtige und hilfreiche Voraussetzung für erfolgreiches Führungshandeln. 

Persönlichkeitsmerkmale von Führungskräften: (aus dem IQP-Persönlichkeitstest, iqp-germany 2017) 

Emotionale Belastbarkeit (Umgang mit Stress, Bewältigung emotionaler und zwischenmenschlicher Probleme) 

Extraversion (Geselligkeit, Fähigkeiten zum Ausdrücken eigener Gefühle und Gedanken) 

Geistige Flexibilität (Kreativität und Ideenreichtum, Wissensdurst, Weiterbildungsmotivation, Unkonventionalität) 

Gewissenhaftigkeit (Pflichtbewusstsein, Regelkonformität, Sorgfalt) 

Teamorientierung (Verbindlichkeit von Gruppenregeln, Anpassung an soziale Standards und Normen, Einfühlungsvermögen (Empathie) 

Leistungsmotivation (Streben nach Erreichen bestimmter Leistungsstandards, Stellenwert von Wettbewerb, Ausdauer bei der Verfolgung von Zielen) 

Risikoneigung (Streben nach schneller Aufgabenerledigung, Akzeptanz von Risiken, Tendenz zum Bruch von Konventionen, Impulsivität). 

Diese Persönlichkeitsmerkmale zu stärken und weiter zu entwickeln ist die Aufgabe für die Arbeit mit Führungskräften in Workshops, Beratungs- und oder Coachingprozessen. Zu berücksichtigen ist in jedem dieser Prozesse die Individualität des Einzelnen. Die hier skizzierten Bereiche und Persönlichkeitsmerkmale, die sehr gute Führungsarbeit ermöglichen, sind eine Idealbetrachtung. Insofern sollten sie als Orientierungsrahmen und nicht als apodiktische Setzung betrachtet werden. 

Führungskräften empfehlen wir, die eigene Entwicklung durch regelmäßige Weiterbildung in den genannten Bereichen voranzutreiben. 

Offene Führungswerkstatt für die Sozialwirtschaft

In unserer Offenen Führungswerkstatt für die Sozialwirtschaft begleiten wir Führungskräfte ein Jahr lang in ihrem persönlichen Prozess der Weiterentwicklung. Mit einer Mischung aus trägerübergreifenden Workshops als auch individuellen Coachingsession bringen wir Führungskräfte zusammen und unterstützen sie dabei, gemeinsam zu wachsen und voneinander zu lernen.

Die Workshops bieten die Möglichkeit, die persönlichen Führungskompetenzen weiterzuentwickeln, Erfahrungen auszutauschen und wertvolle Kontakte zu knüpfen. Im individuellen Coaching werden die Themen aus den Workshops weiter vertieft, reflektiert und individualisiert, sodass der Transfer in den Arbeitsalltag besser gelingen kann.

Diese Kombination bietet eine umfassende Lernumgebung bestehend aus trägerübergreifender Gemeinschaft als auch Individualität und unterstützt eine langfristige und nachhaltige Entwicklung der Führungskompetenzen.

Die nächste Offene Führungswerkstatt startet im Mai 2024. Die Teilnehmeranzahl ist begrenzt, sodass eine persönliche Atmosphäre und eine individuelle Begleitung gewährleistet sind. Haben Sie Fragen oder möchten Sie mehr über unsere Führungswerkstatt erfahren? Kontaktieren Sie uns – wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung. 

Dr. Carsten Breyde, Gesellschafter und Berater der xit GmbH