Partizipation trotz(t) Corona – Altenhilfe- und Pflegeplanung in Braunschweig abgeschlossen
Großer Auftakt, Zukunftswerkstatt mit Senior:innen und 12 Monate Projektlaufzeit – so in etwa hatten wir uns die Erstellung der Altenhilfe- und Pflegeplanung in Braunschweig vorgestellt. Dann kam Corona und wir mussten neue Lösungen finden.
Neue Wege, neue Methoden für die Altenhilfe- und Pflegeplanung in Braunschweig
Der offizielle Projektstart mit allen Trägern und Interessierten war ursprünglich für Mitte März 2020 geplant. Schnell war klar: Die Veranstaltung kann aktuell so nicht stattfinden und auch viele weitere in Zukunft nicht. Zum einen, weil die Mitarbeiter:innen der Altenhilfe und Pflege während der Pandemie besonders gefordert waren, zum anderen weil gerade Senior:innen eine vulnerable, schützenswerte Gruppe sind.
Was also nun?
Der erste Schritt war die Informationen zum Projektstart nicht vor Ort zu übermitteln, sondern in einer Videobotschaft der Sozialdezernentin zu verbreiten:
Telefoninterviews statt Zukunftswerkstatt
Besonders schmerzlich war für uns, dass wir uns von den geplanten Zukunftswerkstätten mit Senior:innen der Stadt Braunschweig verabschieden mussten. Eine Altenhilfeplanung muss aus unserer Sicht die Wünsche und Bedürfnisse ihrer aktuellen und zukünftigen Zielgruppe aufgreifen. Dafür muss man mit den Menschen persönlich sprechen. Jedoch war frühzeitig absehbar, dass insbesondere für Senior:innen Vor-Ort-Formate für längere Zeit schwierig bleiben werden. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, stattdessen Telefoninterviews durchzuführen. In Anbetracht der über 50.000 Senior:innen in Braunschweig keine ganz zufriedenstellende Lösung, aber eben immer noch besser, als Senior:innen gar nicht zu Wort kommen zu lassen.
Die Interviewten wurden zu einem Teil aus dem Netzwerk der Altenhilfe Braunschweigs und zum anderen Teil als Zufallsstichprobe aus dem Melderegister gewonnen. Da die interviewten Senior:innen alle sehr für ihre Stadt geschwärmt haben („Die beste Stadt zum Leben!“), darf sich Braunschweig in naher Zukunft wohl über ein paar neue fränkische Touristen freuen!
Fokusgruppeninterviews
Ein wesentlicher Teil vieler unserer Projekte sind Fokusgruppeninterviews, bei denen Expert:innen zu Wort kommen können. Im September 2020 eröffnete uns die pandemische Lage ein kleines Zeitfenster, welches wir für Vor-Ort-Termine in Braunschweig genutzt haben. So konnten vier Gespräche mit
- Fach- und Leitungskräften aus der Altenhilfe und Pflege,
- Politiker:innen,
- Beauftragten (z. B. Senior:innen- oder Behindertenbeauftragten) sowie
- Pflegenden Angehörigen stattfinden.
Diese Gespräche waren sehr intensiv und fruchtbar und bilden den Kern der finalen Altenhilfe- und Pflegeplanung in Braunschweig.
Kleinräumige Prognosen
Dank der guten Zusammenarbeit mit der Statistikabteilung der Stadt Braunschweig und dem Landesamt für Statistik Niedersachsen konnten wir auch für dieses Projekt kleinräumige Daten aufbereiten und auswerten. Da in den Fokusgruppen mehrfach der Satz „Wir brauchen mehr Dorf in der Stadt“ gefallen ist, unterstützen kleinräumige Prognosen nicht nur die Planer, sondern auch die Träger beim bedarfsorientierten Ausbau von Angeboten.
Partizipative Erarbeitung des Maßnahmenkatalogs
Einer der wenigen Vorteile, welche die Pandemie mit sich bringt, ist der deutliche Anstieg im Bereich der Digitalisierungskompetenz. So war es im April 2021 möglich, die Erarbeitung des Maßnahmenkatalogs in Form eines Online-Workshops durchzuführen. Beteiligt waren dabei sowohl die Teilnehmer:innen der Fokusgruppeninterviews als auch Senior:innen! So konnten in virtuellen Arbeitsgruppen gemeinsam eine Vielzahl an Maßnahmen für die zwölf Handlungsfelder entwickelt werden. Über die Veranstaltung hinaus bestand eine Woche lang die Möglichkeit, weitere Ideen in öffentlich zugänglichen digitalen Pinnwänden zu ergänzen. Dieses Angebot wurde von allen Beteiligten rege genutzt.
Abschlussbericht: Gesamtbild einer lebenswerten Stadt
Am Ende setzten wir die gewonnen Erkenntnisse aus allen Beteiligungsformaten mit den Ergebnissen unserer Rechnungen und Recherchen zu einem Gesamtbild zusammen: Ja, der demographische Wandel wird auch in Braunschweig eine Herausforderung. Dennoch kann die Stadt aus einem reichhaltigen Fundus an Einrichtungen und Angeboten, lebhaften Quartieren und sozialen Engagement schöpfen. Eine gute Voraussetzung um auch weiterhin gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft anzugehen.